Kolonialfeste

Auch in der Stadthalle fanden Veranstaltungen mit kolonialem Bezug statt. Der Frauenbund der Deutschen Kolonialgesellschaft und der Frauenverein vom Roten Kreuz für die Kolonien veranstalteten hier am 20. Januar 1914 ein Kolonialfest. Gleich zwei städtische Zeitungen berichten am Folgetag von einem gelungen und spektakulären Event, bei dem „tout Heidelberg“ anwesend war: der Oberbürgermeister, der größte Teil der Professorenschaft und viele Angehörige des Offizierskorps.[1]
Dem gut betuchten Publikum wurde eine Mischung aus Kolonialmesse, Theater und Tanzfest geboten. Im mit Teppichen, Tigerfellen und Palmen geschmückten großen Saal der Stadthalle fand zunächst eine Darbietung lebender Bilder – heute würde man sagen eine Performance – statt, die verschiedene Szenen aus den kolonialen Gebieten auf Grundlage von Fotografien nachstellten. Den zweiten Teil des Abends schloss wohl „rauschender Beifall für den Tangotanz“ Schwarzer Tänzer.[2]
Neben den Programmpunkten konnten die Besucher im „Usambara-Café“ – einer „lauschigen Nische“ – Getränke zu sich nehmen, bei einer Glückstombola teilnehmen, auf einem „Basar“ Kolonialprodukte erwerben und an einem Poststand Briefe in die Kolonialgebiete aufgeben.
Ähnlich wie die Lichtbildvorträge der Deutschen Kolonialgesellschaft sollte die Veranstaltung die Sehnsucht nach exotischen Ländern wecken und die deutsche Bevölkerung von der „Kolonialen Sache“ überzeugen, was im Falle des Kolonialfestes wohl gelungen war. Die Heidelberger Zeitung schreibt hierzu: „Wenn es in den dargestellten Örtlichkeiten tatsächlich so schön ist wie es uns gestern in der Stadthalle gezeigt wurde, dann auf nach Dar-es-Salam!“[3]
Die Präsenz und die Begeisterung über deutschen Kolonialbesitzungen war 1914 – einige Monate vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs – nicht nur in Heidelberg in der breiten Öffentlichkeit angekommen. So überrascht es kaum, dass das Ende des Krieges und damit die Aberkennung der Kolonien zu einer ganz neuen Dimension von Kolonialbegeisterung führten, die an der Vorkriegszeit anknüpfte. Diese auch politisch aktiven Gruppen von Kolonialrevisionisten beanspruchten bis in die 1940er Jahre wieder einen „Platz an der Sonne“.
[1] Heidelberger Zeitung vom 21.01.1914.
[2] Heidelberger Tageblatt vom 21.01.1914.
[3] Heidelberger Zeitung vom 21.01.1914.