Ausstellung des Fremden: „Indianer“ in Heidelberg

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Bildquelle: Denver Public Library, Western History Collection

Zu jeder Heidelberger Stadtführung gehört natürlich auch das Heidelberger Schloss. Bei unserem Rundgang spielt es allerdings nur eine Rolle als Hintergrundkulisse und zwar als Kulisse eines Fotos. Darauf zu sehen ist der als Wildwestheld berühmt gewordene „Buffalo Bill“ gemeinsam mit Darsteller*innen der „Buffalo Bill‘s Wild West“ Show. Die Wildwest Show war gleich mehrmals auf Europatournee. Im Jahr 1890 kam sie auch in die Rhein-Neckar Region, gastierte erst in Karlsruhe und dann im April für einige Tage auf dem Mannheimer Maimarkt.[1] Bei einem Besuch in Heidelberg entstand dann das Foto. Aber was hat der Wilde Westen bzw. eine Westernshow mit unserem kolonialen Stadtrundgang zu tun? Ein wichtiges Element in kolonialen Denkstrukturen war der sogenannte Exotismus,  also der Reiz am „Exotischen“ bzw. am „Fremden“, der Fremde auf ihre Fremdheit reduzierte und sich dabei Klischees und Stereotypen bediente, die letztendlich vor allem eine Projektion bestimmter Wunschphantasien darstellten. Gerade die Darstellung von Nicht-Europäer*innen im Kolonialismus zielte daher oft auf deren vermeintliche Primitivität ab.

Nicht nur Buffalo Bill machte sich solche Klischees zu Nutze. Auch die sogenannten Völkerschauen waren im 19. Jahrhunderts ein erfolgreiches Unterhaltungsgenre, das sich zu dieser Zeit mit der Darstellung sogenannter „Fremder“ widmete.[2] In Kolonialausstellungen, im Zirkus aber auch auf Jahrmärkten und in Zoos wurden damals Nicht-Europäer*innen regelrecht ausgestellt und vorgeführt, um Exotismus und Neugier der Europäer*innen zu bedienen.

Bildquelle: Heidelberger Tagblatt (1934)

In Deutschland begann dieser Trend unter anderem mit Carl Hagenbeck. Die Nachstellung vermeintlich naturgerechter Kulissen war dabei nicht ungewöhnlich, meist unter dem Vorwand anthropologisches Wissen zu vermitteln. Dazu wurden auch Frauen und Kinder mitausgestellt, um einen „typischen“ Familienalltag zu inszenieren. Die Authentizität der Völkerschauen war ebenso fragwürdig wie die der Wildwest Shows. Die „Darsteller*innen“ stammten teilweise aus anderen Regionen als angegeben und der vermeintliche Alltag entsprach eher Fantasie und Projektion als der Wirklichkeit. Dazu kommen der rassistische Grundtenor der Völkerschauen, in denen die ausgestellten Menschen als „Halbzivilisierte“ oder „Wilde“ dargestellt wurden, die hierarchisch unter den Weißen standen, und Arbeitsbedingungen die nur selten fair und teilweise sogar unfreiwillig waren.

Völkerschauen waren übrigens keineswegs ausschließlich ein Phänomen des 19. Jahrhunderts. In den 1930er Jahren etwa gastierte auf dem Heidelberger Messplatz der Zirkus Busch, der eine große „Tier-und Völkerschau“ ankündigte.

Tatjana Eichert

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[1] In Karlsruhe gastierte Buffalo Bill vom 23. bis 26. April 1891, in Mannheim vom 27. bis 30. April 1891, Quelle: Buffalo Bill Visits, The Buffalo Bill Museum and Grave, online unter: http://www.buffalobill.org/PDFs/Buffalo_Bill_Visits.pdf.

[2] Siehe dazu Hall, Roger Allan: Black America. Nate Salsbury’s ‘Afro-American Exhibition`”, in: Educational Theatre Journal 29/01 (1977), S. 49-60; Kreis, Karl Markus: Die wilden Indianer in ihrem bunten Geflitter. Zur Entstehung eines Stereotyps am Beispiel von Buffalo Bill’s Wild West in Dortmund 1891, online unter http://www.angewandte-sozialwissenschaften.fh-dortmund.de/kreis/website/BBWWDO2k%2028-08-12.pdf; Rydell, Robert W./Kroes, Rob: Buffalo Bill in Bologna. The Americanization of the World, 1869-1922, Chicago 2005; Warren, Louis S.: Buffalo Bill’s America: William Cody and the Wild West Show, New York 2005; Wolter, Stefanie: Die Vermarktung des Fremden: Exotismus und die Anfänge des Massenkonsums, Frankfurt-New York 2004.