Die Firma Landfried: Tabakfabrik, Kolonialwarengroßhandel und Plantagen

Philipp Jakob Landfried gründete 1810 das Heidelberger Unternehmen Landfried als sogenannte „Landesproduktenhandlung“, die zunächst Pfälzer Rohtabak und Ölprodukte vertrieb. In der Hauptstraße 86 öffnete 1812 das erste Ladengeschäft seine Pforten.[1] Bald begann das Familienunternehmen, selbst Produkte aus regionalem Tabak herzustellen.
Begünstigt durch den Abbau von Zollschranken und der sukzessiven Einführung des internationalen Goldstandards entwickelte Landfried ab Mitte des 19. Jahrhunderts einen regen Überseehandel – nicht nur mit Tabak, sondern auch mit anderen Kolonialwaren wie Kakao, Kaffee, Zucker und Ölen, überwiegend aus Südamerika, aber auch mit britischen Kolonien in Asien.[2] Ab 1860, durch den Bau der Odenwaldbahn, wurde Landfried zum wichtigsten Großhändler von Kolonialwaren für den Odenwald und ermöglichte damit der Bevölkerung direkten Zugang zu tropischen Produkten.[3]
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Räumlichkeiten in der Heidelberger Innenstadt zu eng und die Firma zog in die Bergheimer Straße, das sogenannte „Landfried-Areal“, in dem sich heute das Interkulturelle Zentrum befindet.
Mit den kolonialwirtschaftlichen Aktivitäten der Firma Landfried ging auch die Beteiligung an regional geprägten kolonialpolitischen und -wirtschaftlichen Netzwerken einher: Die Heidelberger Sektion der Deutschen Kolonialgesellschaft (DKG) verzeichnete 1911 sieben männliche Mitglieder der Familie Landfried.[4] Dort befanden sie sich in der Gesellschaft von Kolonialinteressierten und „Praktikern“, wie etwa Theodor von Gunzert, Kolonialverwalter in Deutsch-Ostafrika und Franz Thorbecke, Professor für Geographie und Forschungsreisender in Kamerun. Praktische kolonialwirtschaftliche Erfahrungen sammelten die Landfrieds durch die Beteiligung an kolonialwirtschaftlichen Aktiengesellschaften. Wilhelm Landfried war etwa Aufsichtsrat der Bremer „Tabakbau- und Pflanzungsgesellschaft Kamerun“.
Des Weiteren war die Firma an kolonialwirtschaftlichen Aktiengesellschaften beteiligt. Vor diesem Hintergrund baute die Firma ab ca., 1910 unter dem Dach der „Bremer Tabakbau Bakossi AG“ eine eigene Plantage in der Kolonie Kamerun auf. Die Produktion in einer deutschen Kolonie bot aus handelspolitischen Gesichtspunkten viele Vorteile: der Gerichtsstand war in Deutschland, es gab keine Probleme mit der Währungskonversion von der Regierung war Unterstützung zu erwarten, weil die Kultivierung des Landes in den Kolonien eine kolonialpolitische Priorität war. Aufsichtsratskollege war auch der Mannheimer Unternehmer Wilhelm Scipio, der bereits seit 1898 Plantagen in Kamerun betrieb. Landfrieds Plantage benötigte in den ersten Jahren vor allem Investitionen und konnte nach dem Ersten Weltkrieg nicht mehr reaktiviert werden.